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Interview mit Veronika Brudl

MOREFAMILY / Thema

Veronikas Hofküche

22.02.2024

 

1. Täglich frisch zubereitetes Essen auf dem Tisch war für Sie als „Bauernmädchen“ Normalität. Wie sehen Sie das rückblickend - Privileg oder Selbstverständlichkeit?
Als Jugendliche war frisch gekochtes Essen für mich eine Selbstverständlichkeit. Je älter ich wurde, desto bewusster wurde mir, dass absolut nicht jedes Kind in den Genuss von täglich frisch gekochtem Essen aus hochwertigen Zutaten kommt. Das muss aber nicht so sein. Denn mit meinen Rezepten möchte ich zeigen, dass frische Küche nicht aufwendig sein muss, sondern sich auch gut in den Arbeitsalltag integrieren lässt.

2. Erzählen Sie über sich – Beruf, Kinder, Wohnort. Wie wurden Sie zur Kochbuchautorin und was machen Sie, wenn Sie nicht gerade an neuen Rezeptideen tüfteln?
Ich komme aus Lochen am See, einem kleinen Ort am Rande des Innviertels, an der Grenze zum Salzburger Land. 2009 haben mein Mann und ich die LandwirtschaO meiner Eltern übernommen und führen sie als Bio-Heumilchbetrieb. Wir haben vier Kinder (Elena 17, Sofia 15, Emma 13 und Johann 11). 2017 absolvierte ich die Ausbildung zur Seminarbäuerin und gebe Koch- und Backkurse. Während der Coronazeit gründete ich den Blog „Veronikas Hofüche“ (www.hofkueche.at) und veröffentliche dort seither regelmäßig Rezepte. Mit dem Anton Pustet Verlag habe ich nun meinen Traum von einem eigenen Kochbuch verwirklicht. Wenn ich nicht an Rezepten tüftle oder in der Küche stehe, dann bin ich vermutlich im Stall bei unseren 50 Milchkühen. Abgesehen davon bin ich auch stark ehrenamtlich engagiert, wie etwa im Pfarrgemeinderat (ich kümmere mich um die Ministranten, die Firmlinge und bin für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig), singe in zwei Chören mit und bin Mitglied einiger anderer Vereine. Sollte mir dann wirklich noch ein bisschen Zeit für mich bleiben, dann suche ich die Ruhe und lese ich sehr gerne.
 

3. Worauf setzen Sie in Ihrer Küche?
Das Hauptaugenmerk in meiner Küche liegt auf den Zutaten: hochwertige österreichische Produkte sind mir als Bäuerin besonders wichtig und ich achte immer auf die Saisonalität von Obst und Gemüse. Außerdem will ich unkomplizierte Gerichte, am besten mit den Zutaten, die ich sowieso zuhause habe. Ewig lange Zutatenlisten, mit denen ich zuerst einkaufen gehen muss, bevor ich irgendetwas nachkochen kann, schrecken mich ab. Wenn mich jemand fragt, was mich zu meinen Rezepten inspiriert, dann sage ich immer: als
allererstes der Kühlschrank! Denn als erstes werden Reste verwertet. Dann schaue ich natürlich, was wächst denn gerade im Garten, bzw. welches Obst oder Gemüse hat gerade Saison. Auch im Winter gibt es eine große Auswahl an österreichischer Ware, nur findet man die eher in einem gut bestückten Bauernladen bzw. auf dem Bauernmarkt als im Supermarkt.

4. Worin besteht heutzutage die größte Herausforderung, wenn man an täglich frische Küche denkt?
Die Zeit ist natürlich ein ganz großer Faktor. Viele kaufen lieber eine Fertigpizza, statt den Pizzateig selbst zu machen – dabei geht es eigentlich so schnell! Und wenn man etwas vorausplant (wenn man etwa den Pizzateig schon am Vorabend oder in der Früh macht und ihn solange im Kühlschrank lagert bis er gebraucht wird), dann ist eine selbst gemachte Pizza mindestens genauso schnell fertig wie eine gekaufte. Geschmacklich ist die selbst gemachte sowieso immer besser – und auch wenn es „nur“ Pizza ist, so ist die selbst gemachte trotzdem gesünder als die gekaufte. Und darum geht es eigentlich: die Zeit, die wir uns jetzt nicht nehmen, um mit frischen und guten Zutaten zu kochen, die müssen
wir später in die Gesundung unseres Körpers investeiren. Denn wie formulierte Sebastian Kneipp es so treffend: „Der Weg zur Gesundheit führt durch die Küche, nicht durch die Apotheke.“ Die Zeit, die wir in Kochen und Essen investieren, die investieren wir in unsere Gesunderhaltung und Lebensqualität.

5. Wie setzt sich Ihr Kochbuch zusammen? Sind alle Rezepte von Ihnen oder sind auch überlieferte Familienrezepte dabei?
Das Kochbuch ist ganz klassisch aufgebaut mit Vorspeisen, Hauptspeisen und Nachspeisen. Außerdem Ideen zur Vorratshaltung und zahlreiche Backrezepte und ganz wichtig: viele Resteverwertungs- und Variationsideen. Die meisten Rezepte sind einfach die Lieblingsrezepte meiner Familie, die ich nun zu Papier gebracht habe. Ich probiere sehr viel aus und so entstehen immer wieder neue Rezepte. Gerne lasse ich mich auch mal von anderen Kochbüchern oder Zeitschriften inspirieren, ich koche aber nie ein Rezept eins zu eins nach, sondern wandle es so ab, dass es mit möglichst wenigen und regionalen Zutaten gekocht werden kann. Deshalb gibt es bei mir auch keine Rezepte mit Avocados und dergleichen. Ein paar überlieferte Familienrezepte sind tatsächlich auch dabei (zB die Zelteln und Bauernkrapfen) – und diese wurden hiermit erstmals zu Papier gebracht. Denn Rezepte, die von Generation zu Generation weitergegeben werden, gibt es nur in mündlicher Form. Bei der Zubereitung habe ich meiner Mutter einmal über die Schulter geschaut und alles abgewogen und mitgeschrieben. So wurde dieses Buch auch ein wertvolles Geschenk an meine Kinder, die diese Rezepte nun in schriftlicher Form haben.

6. In Ihrem Buch finden sich sowohl vegetarische Gerichte, als auch Fleischspeisen. Wie stehen Sie zum Thema Fleischkonsum?
Ich erwähne es bereits im Vorwort der Buches, dass ich einen maßvollen Fleischkonsum für durchaus vertretbar halte. Eine Rindermast (genauso wie die Milchviehhaltung), die auf Weidehaltung basiert, ist die beste Form, die vielen Grünlandflächen in Österreich optimal zu verwerten. Nur die Wiederkäuer (dazu gehören übrigens auch Schafe und Ziegen) haben die Möglichkeit, das für uns unverdauliche Grünland in wertvolles Eiweiß (in Form von Milchprodukten oder Fleisch) umzuwandeln – gleichzeitig wird dadurch die Landschaft gepflegt, was wiederum dem Tourismus zugute kommt. Da werden jetzt vielleicht einige sagen: warum ackern wir nicht alles um und bauen Getreide für uns Menschen an? Dauergrünland ist deshalb so wichtig, weil es ein ganz wertvoller CO2 Speicher ist, je höher der Humusgehalt, desto mehr CO2 wird im Boden gespeichert. Somit ist es wichtig, vorhandenes Grünland zu pflegen und zu erhalten. Deshalb kein anonym verpacktes Billigfleisch kaufen, von dem man nicht einmal mehr erkennt, dass es Teil eines Tieres war und von dem man nicht einmal sicher sagen kann, ob es überhaupt aus Österreichs stammt. Stattdessen lieber weniger Fleisch, dafür aber hochwertiges von Tieren, die
wirklich draußen auf der Weide gestanden sind. Am besten ist es natürlich, man kennt den Bauern persönlich, von dem man das Fleisch bezieht. Auf diese Weise bekommt man auch wieder mehr Wertschätzung für das wertvolle Lebensmihel Fleisch! Fleisch müsste einen viel höheren Preis haben – wenn man es dafür nicht so oft isst, es aber gebührend genießt, kommt man auch wieder auf das gleiche hinaus.


7. Verraten Sie uns noch Ihr Lieblingsrezept aus dem Buch?
Mein Lieblingsrezept sind die Gemüse-Topfenlaibchen. Ich liebe Gerichte, die sich je nach Saison und Verfügbarkeit mit verschiedenen Zutaten abwandeln lassen und trotzdem der ganzen Familie schmecken.

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